Die TOR*-Spirale gibt es, seit es die Dualität gibt, nämlich seit Milliarden von Jahren. Die Dualität ist genauso unnatürlich wie das Sterben. Was ist die Dualität? Die Einteilung in Licht und Schatten, Gut und Böse, Schwarz und Weiß … Dualität bedeutet immer die Trennung zwischen zwei aufeinandertreffenden Aspekten. Es sind zwei Seiten, die nicht dem Ursprung der Einheit entspringen, sondern eine klare Trennung vorsehen. Jegliche Rollen, die wir im Alltag einnehmen, lassen sich diesen zwei Perspektiven zuordnen. Die ganze Welt besteht aus Bewertungen. Das beginnt in der Kindheit, erreicht in der Schule seinen Höhepunkt – allein durch das Vergeben von Schulnoten – und setzt sich in der Berufswelt fort. Es ist ein absolutes „Boxendenken“ und vermittelt uns das Gefühl, dass Bewertungen und Trennungen ganz normal seien. Wir werden darauf konditioniert, unser Denken und Fühlen zu trennen, was wiederum zu einer Spaltung in uns selbst führt – sowohl innerlich als auch äußerlich, wie innen, so außen. Auch das ist eine Trennung. Wer schon einmal vom Spiegelprinzip gelesen hat, bestätigt das. Doch was, wenn das Spiegelprinzip nur im ersten Moment uns aufzeigt, was wir aussenden? Wenn du beginnst, immer mehr zu verstehen, was hier vor sich geht, und das, was in dir verletzt wurde, zu heilen, wirst du an den Punkt gelangen, an dem du Menschen triggert. Du kannst es dir bildlich so vorstellen, dass du dich aus einem Spinnennetz befreist, während die Spinne ganz oben auf dich lauert. Sie wird versuchen, dich im Netz festzuhalten, denn du bist ihre Mahlzeit. Ohne dich als Energielieferant kann sie nicht überleben. Und genau das wird passieren, wenn du der Wahrheit in dir näherkommst. Doch von welcher Wahrheit schreibe ich? Um uns in dieser Spirale zu halten, haben wir uns ein Spiel ausgedacht, das es in sich hat. Tatsächlich bezieht sich das „wir” nicht nur auf uns Menschen, sondern auf verschiedene Spezies. Doch bleiben wir vorerst bei uns. Wir drehen uns Tag für Tag, Leben für Leben, praktisch im Kreis. Wir generieren Drama, selbst wenn wir die Absicht haben, immer mehr zu durchschauen. Selbst wenn wir uns als „erwacht“ bezeichnen, ist es schwierig, diese Spirale zu durchbrechen. Warum? Weil wir dieses Spiel der Trennung schon seit Milliarden von Jahren spielen. Weil wir unsere wahre Herkunft verleugnen und weil wir nicht (mehr) wissen, wer wir ursprünglich sind. Mit diesen Worten provoziere ich bewusst. Wir verlieren uns in unserer Amnesie. Damit meine ich, dass uns die vielen Inkarnationen fragmentiert haben und unsere reine Essenz immer weniger durch uns durchdringt. Wir lassen uns von Angst leiten, spielen Rollen wie Schauspieler, ziehen Masken auf, weil wir Angst vor Bewertung haben. Welch Ironie. Wir tun es täglich und haben gleichzeitig Angst davor. Wir gaukeln uns selbst vor, eine Identität zu haben, indem wir Rollen spielen und Masken tragen. Dabei verlieren wir uns in uns selbst. Es ist wie eine schleichende Vergiftung von innen. Ganz langsam und unauffällig. Und irgendwann haben wir uns ergeben und funktionieren nur noch. Ich behaupte nicht, dass das Ganze nur durch uns selbst geschieht. Es gibt viele „Energiezieher”, die uns als Energielieferanten benutzen, denn Angst ermöglicht Kontrolle. Warum müssen wir alles kontrollieren? Warum kontrollieren uns scheinbar andere? Weil wir uns selbst nicht vertrauen. Weil wir aufgehört haben, dem Leben zu vertrauen. Und diese Spirale hält uns selbst im TOR*-Spiel. Wir gehen davon aus, dass alles kontrolliert werden muss, sonst kann man in dieser Welt nicht bestehen. Dadurch lassen wir zu, dass andere die Kontrolle über uns haben und wir uns selbst kontrollieren müssen. Dieses Verhalten entsteht nur durch unsere emotionalen Wunden. Wer kann schon von sich behaupten, eine absolut unbeschwerte Kindheit gehabt zu haben? Wer kann schon behaupten, in der Schule nie gemobbt, bewertet oder schikaniert worden zu sein? Und wer behauptet, er habe im Job niemals Stress, müsse sich nicht dem Leistungsdruck ergeben und habe immer Spaß und Freude dabei? Außerdem lenken wir uns jeden Tag ab, um unseren Schatten und unseren offenen emotionalen Wunden nicht zu begegnen. Dies geschieht meist unbewusst und zeigt sich spätestens in Form von Krankheiten oder körperlichen Beschwerden. Ablenkungsmöglichkeiten gibt es hier viele. Erkennst du dich in dem einen oder anderen wieder? Dann bist du bereits in der TOR*-Falle angekommen. Fangen wir also an, die Rollen, die wir einnehmen und die Masken die wir aufsetzen zu durchleuchten. Denn alles steht und fällt mit unserem Bewusstsein.
Der Täter
Im Wörterbuch findet man folgende Definition: eine Person, die eine Straftat begangen hat. Ich würde behaupten, dass dies nur eine von mehreren Ansichten ist. Du hast eine Straftat begangen und wirst dafür verurteilt. Alle Wege führen zur Bewertung. Aus meiner Sicht ist der sogenannte Täter jedoch viel mehr als eine Person, die eine Straftat begeht. Einfach ausgedrückt ist der Täter eine Person, die aktiv handelt, also eine Tat ausführt. Diese Tat ist von außen betrachtet negativ belegt. Aus der Sicht dieser Person ist die Tat möglicherweise zunächst nicht böse, denn der Täter könnte eine gewisse persönliche Perspektive einnehmen. Nehmen wir an, du verletzt jemanden emotional, bist dir dessen aber nicht bewusst, weil dieses Verhalten für dich natürlich ist und du es in deiner Kindheit nie anders gelernt hast. Die andere Person, also das Opfer, reagiert auf deine Tat, weil du eine Verletzung in ihr auslöst, die möglicherweise bereits als seelische Wunde vorhanden ist. Für das Opfer besteht in diesem Moment die Möglichkeit, dass diese emotionale Wunde geheilt werden könnte. Du als Täter bist allerdings emotional so abgestumpft – dafür gibt es immer Gründe –, dass du dich in diesem Moment nicht als Täter wahrnehmen kannst. Dies soll keine Entschuldigung für dein Verhalten sein, sondern eine andere Perspektive darauf geben.
Das Opfer
Das Wort „Opfer“ hat mehrere Bedeutungen. Allgemein bezeichnet es jemanden, der Schaden oder Leid erleidet, sei es durch eine Straftat, einen Unfall, eine Krankheit oder eine andere negative Situation. Im religiösen Sinne bringen wir eine Opfergabe dar, wenn wir unter erschwerten Bedingungen etwas abgeben. Wir opfern etwas einem Gott, der uns von unseren Sünden befreit. Manchmal sogar aus Angst, er könnte großes Unheil über uns bringen, wenn wir dieses Opfer nicht erbringen. In diesem Moment wechseln wir die Perspektive und erkennen uns selbst als das Opfer an. Oft sind wir „gefangen“ im Opfer sein, da wir viele emotionale Verletzungen in uns tragen, die sich in all unseren Inkarnationen angesammelt haben. Wir möchten die Verantwortung dafür nicht tragen. Wir geben anderen die Schuld dafür, dass wir Opfer unseres Schicksals sind. Oder wir sehen uns immer in der Schuld und opfern uns auf. Wir haben es seit unserer Kindheit so erfahren und nie etwas anderes gelernt. Aus dieser Perspektive wird der Zusammenhang mit dem Täter klar. Grundsätzlich sind weder Täter noch Opfer der guten oder der bösen Seite zuzuordnen. Sowohl Täter als auch Opfer sind aus emotionalen Wunden entstanden. Beide Perspektiven können uns dabei helfen, uns selbst zu heilen, wenn wir bereit sind, aus dem TOR*-Spiel auszusteigen. So wie der Täter Verantwortung für seine Taten übernehmen muss, muss auch das Opfer Verantwortung für seinen Opferanteil übernehmen. Dabei geht es nie um Schuld, die uns oft eingeredet wird oder die wir uns selbst einreden. Es geht vielmehr darum, die eigene Sichtweise zu verändern, die Verletzungen, die uns zu Täter oder Opfer machen, anzuerkennen und bewusst wahrzunehmen. Bin ich mir dessen bewusst, ist der nächste Schritt, die Heilung der emotionalen Wunden, naheliegend.
Der Retter
Wenn man es nüchtern betrachtet, dann ist ein Retter jemand, der Hilfe anbietet. Es geht aber noch weiter: Der sogenannte Retter in der Not ist der Erlöser. Aus christlicher Sicht ist Jesus der Retter der Menschheit. Jetzt mal Hand aufs Herz: Wie oft begegnest du dem Retter im Außen? Dabei geht es nicht um die Person, die dir Hilfe anbietet. Es geht darum, die Verantwortung an jemanden abzugeben, der dich aus deiner Situation, deinem Umfeld, deinem Job oder was auch immer befreit. Wie oft hast du schon darüber nachgedacht und das "Was wäre, wenn"-Spiel gespielt? Wie oft ertappst du dich dabei, wie du denkst, dass du etwas ändern würdest, es aber nicht tust, weil du zu viele Konsequenzen fürchtest? "Ich würde kündigen, aber ich weiß nicht, wie ich sonst mein Geld verdienen soll, und das ist mein Problem." "Ich würde meinen Partner oder meine Partnerin verlassen, aber ich kann nicht, weil …“ "Kann mich bitte jemand retten?" Das funktioniert leider in den meisten Fällen nicht. Keiner wird dich retten.
Warum nicht?
Dann gibt es noch den Retter in uns. Oft zeigt er sich, wenn wir verstanden haben, dass es in uns sowohl Täter- als auch Opferanteile gibt. Und weil wir das scheinbar verstanden haben, meinen wir, dass es auch andere verstehen müssen. Wir haben den Drang, andere vor „Fehlern” zu bewahren, weil wir eine Abkürzung kennen. Also versuchen wir, andere davon zu überzeugen, dass sie sich auf dem Irrweg befinden oder ihre Sichtweise ändern müssen. Diese Position vertreten wir vehement. "Das muss derjenige doch sehen!" Oder wir erklären uns selbst zum Retter. „Ohne mich läuft schließlich alles schief und geht nicht voran.“ Als Retter glauben wir, möglicherweise unbewusst, nur wir hätten alles im Griff und wüssten, was gut für die anderen ist. Erkennst du dich wieder? Herzlich willkommen im „Rettertum“. Dabei ist die Position des Retters die schwerwiegendste von allen. Er nimmt den anderen die Möglichkeit, sich selbst zu heilen und Verantwortung zu tragen. Der Retter hält sich und die anderen in der TRO*-Spirale gefangen, aus der es durch sein Verhalten praktisch unmöglich ist, herauszukommen.
Wir werden nie in unsere Kraft kommen, solange nicht jeder einzelne von uns bereit ist, Verantwortung für sich selbst zu tragen. Solange wir bereit sind, Verantwortung für andere zu übernehmen und zu tragen, bleiben wir ebenso im Spiel.
Willkommen im Loop – Willkommen im ewigen Kreislauf der Dualität - Willkommen in der TOR*-Spirale.
*Täter-Opfer-Retter